© Norbert Graus

7) Vom Ötztal nach Kolumbien

2821 Stunden Fußmarsch – das sind ca. 118 Tage – ist Südkorea vom Ötztal entfernt. Nach Kamerun bräuchte man 20 Stunden mit dem Schiff und dann noch rund 1686 Stunden zu Fuß, man wäre als auch rund 71 Tage lang unterwegs. Wo man solche Informationen – und sogar noch viel Interessantere – herbekommt? Von „Ötztal Weltweit“, einer ganz besonderen Ausstellung, die im Ötztaler Museum seit heuer gezeigt wird.

Ohne die sogenannten Entdeckungsfahrten ab ca. 1470 würde es heute wahrscheinlich im Ötztal keine Kartoffeln geben. Kaum jemand ist sich wirklich bewusst, wie viel Einfluss die „globale Vernetzung“ auf unser aller Leben hat. Die Ausstellung, die in Kooperation der Ötztaler Museen mit dem Welthaus der Diözese Innsbruck entstanden ist, beschäftigte sich genau damit. Umgesetzt wurde sie in Zusammenarbeit mit der Ausstellungsgestalterin Ines Graus.

Nicolas Bleck, Bildungsreferent im Welthaus Innsbruck, hat zwanzig Menschen aus der Region zu ihren Erinnerungen befragt: Welche Ereignisse oder auch Waren haben ihnen ein Fenster in die weite Welt geöffnet? Die jüngste Zeitzeugin war 32 Jahre alt – die älteste hat ein stolzes Alter von 101 Jahren. Die so dokumentierten Erinnerungen gehen bis in die 1930er Jahre zurück.

Außerdem konnte mit Quellen zu dem Ötztaler Missionar Pater Josef Schmid gearbeitet werden, der von 1868 –1909 gelebt hat. „Auf der einen Seite sind Menschen aus dem Ötztal in die ganze Welt ausgewandert bzw. gereist. Auf der anderen Seite kamen auch viele Menschen aus dem Ausland hierher – dieses Wechselspiel ist besonders interessant.“ So zeigten sich Verbindungen in die ganze Welt: von Kanada bis Kolumbien, Frankreich bis Bolivien, von Südafrika bis in die Demokratische Republik Kongo.

Besonders in Erinnerung geblieben ist Bleck beispielsweise die Lebensgeschichte von Schwester Hildegard, die in ihren 20ern als Ordensschwester nach Kolumbien ausgewandert ist. Dort lebte und arbeitete sie zwanzig Jahre lang, ehe sie wieder zurückbeordert wurde. Auf die Frage, was eine junge Frau damals in den 1950er Jahren dazu bewogen hatte, ins Ausland zu gehen, sprach sie von Abenteuerlust und dem Interesse an Fremdsprachen.

Anders hingegen war es bei Herta Reindl. Sie ist mit zwölf Jahren während des Zweiten Weltkriegs aus dem ehemaligen Jugoslawien geflüchtet und hat über ein Jahrzehnt im „Lager Haiming“ gelebt. Am Anfang gab es eine Distanz zu den Einheimischen, nach und nach wurde diese aber abgebaut. Für Herta Reindl funktionierte die Integration über Bildung.

Integration über Sport war es bei Helmut Kühner, der als Fußball-Tormann Bekanntheit und Beliebtheit im Ort fand. Auch er stammt ursprünglich aus dem heutigen Serbien. Beide leben nunmehr seit 80 Jahren in Tirol. Sie sind – sowie zahlreiche andere Personen – wichtiger Bestandteil der Ausstellung „Ötztal Weltweit“. Über die Wintermonate macht diese Pause, ab Mai 2025 wird sie mit einem neuen Rahmenprogramm wiedereröffnet.